• 18 JUL 13

    Potenzierung

    Ein Medikament ist erst dann ein homöopathisches Medikament, wenn es nach dem Simile-Prinzip verordnet wird. Das Arzneimittel muss dabei nicht zwangsläufig in potenzierter Form eingesetzt werden, konstatiert das pharmazeutische Unternehmen „Deutsche Homöopathie-Union“ (DHU) in Karlsruhe. Tatsache ist, dass die Anwendung homöopathischer Arznei in potenzierter Form ein Charakteristikum der Lehre Samuel Hahnemanns ist. Er glaubte, die Wirksamkeit einer Arznei steigern zu können, indem er die Substanz auf spezielle Art und Weise in ihrer Dosis minimiere. Mit dem Begriff Potenzierung oder Dynamisation ist somit der simultane Ablauf zweier Vorgänge gemeint: Eine Arznei wird verdünnt und gleichzeitig wird Energie zugeführt. Mineralische, tierische, pflanzliche oder aus Krankheitsprodukten (Nosoden) gewonnene Ausgangslösungen oder -suspensionen werden in bestimmten Verhältnissen stufenweise mit einem Lösungsmittel verdünnt, und dann verschüttelt oder verrieben. Erst dieser Prozess der Potenzierung fördert die dynamische Kraft der Arznei

    Erfolgt der Potenzierungsprozess in Zehnerschritten, sprechen Homöopathen von D-Potenzen, bei Hunderterschritten von C-Potenzen (Dezimal- bzw. Centesimalpotenzen). Verdünnungen von 1:50.000 heißen LM-Potenzen. Man unterscheidet Tiefpotenzen (C1/D1 bis etwa C6/D12) von mittleren Potenzen (C6/D12 bis C15/D30) und Hochpotenzen (etwa ab C15/D30 oder der 12. Verdünnungsstufe von LM- bzw. Q-Potenzen)

    „Grundlagenforschung in der Homöopathie bedeutet praktisch immer eine Auseinandersetzung mit dem Problem, dass homöopathische Hochpotenzen eine starke Wirkung am Patienten zeigen, obwohl sie kein Molekül des ursprünglichen Arzneimittels mehr in der verwendeten Lösung enthalten“, äußert sich Max Haidvogel, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts in Graz, das Grundlagenforschung und klinische Studien auf dem Gebiet der Homöopathie durchführt

    „Hierauf wird von übereifrigen Homöopathen die Loschmidtsche Zahl gedreht und gewendet, „Niederpotenzler“ verurteilen „Hochpotenzler“, naturwissenschaftlich kritische Mediziner interpretieren die Wirkung von Potenzen am Patienten als Placebo-Effekt, Selbstheilung oder Heilung einer eingebildeten Krankheit

    „Der Pharmakologe Wolfgang Hopff setzt sich mit den Behauptungen auseinander, die sich die Vertreter der „subatomaren Homöopathie“ zu eigen gemacht haben, um die Loschmidtsche Zahl zu umgehen: Mit den berühmten zehn Schüttelstreichen könne man die Atome soweit zerlegen, dass nicht näher definierte Atombestandteile die Merkfähigkeit übernehmen könnten. Als deutscher Arzt in Madrid hatte ich das Glück ihn kennenlernen zu dürfen und ich war beeindruckt. „Diese Abart von Homöopathie will mit zehn Schüttelstreichen das vollbringen, wofür in Kernforschungsanlagen praktisch die Energie eines kleinen Kernkraftwerkes verbraucht wird“, so Hopff. „Abgesehen davon, dass diese Atombestandteile so nicht herstellbar sind, kommen sie auch als molekulare Abdruck- und Strukturträger eo ipso nicht in Betracht (Imprint-Theorie).“

    „Klinische Forschung zum Wirksamkeitsnachweis homöopathischer Therapie ist von Homöopathen ebenso wie von Nicht-Homöopathen starker Kritik ausgesetzt. So fahnden einige Wissenschaftler bewusst nach „harten Daten“. 1985 wurde das von der Carstens-Stiftung geförderte Projekt „Biochemische Grundlagen der Homöopathie“ unter Leitung von Günther Harisch gestartet. Harisch ist Professor am Institut für Physiologische Chemie der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Nach zahlreichen in vivo- und in vitro-Untersuchungen kommt er zu dem Schluss, dass die „vielfach bezweifelten Wirkungen homöopathischer Substanzen nicht nur vorhanden sind, sondern auch einer gewissen Gesetzmäßigkeit folgen“. Spezifische Enzyme (z.B. lysosomale Glykosidasen oder Peptidasen) lassen sich durch Potenzierungen im Gegensatz zu den korrespondierenden, einfachen Verdünnungen beeinflussen: Es zeigen sich zirkadiane Wirkungsunterschiede oder Effektmaxima bei bestimmten Potenzen

    „Die Homöopathische Arznei soll nach Gerhard Köhler, Autor des „Lehrbuch der Homöopathie“, regulierend in die zentralen Steuerungsvorgänge des Organismus eingreifen und so die Selbstheilungstendenz anregen. Wo jedoch die Regulationsfähigkeit des Körpers verlorengegangen ist, kann eine Homöotherapie nicht indiziert sein, da sind sich homöopathische Fachgesellschaften einig. Nach Angaben der offiziellen Standesvertretung homöopathischer Ärzte (Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte = DZVhÄ) sind folgende Erkrankungen einer homöopathischen Therapie nicht zugänglich:

    • schwere bakterielle Erkrankungen
    • bereits eingetretene organische Veränderungen
    • Verlust der Regulationsfähigkeit des Organismus

    Enger grenzt ein Arzt die möglichen Einsatzgebiete der Homöopathie ein, wenn er stärker klinisch geprägt ist. So heißt es in „Naturheilverfahren und Homöopathie“ (Enke Reihe zur AO):

    Eine Kontraindikation besteht bei allen schweren und akut lebensbedrohlichen Erkrankungen, bei bösartigen Tumoren und substitutionspflichtigen Erkrankungen wie z.B. Hypothyreose oder Diabetes mellitus Typ I. Homöopathika sollten auch nicht bei Krankheiten verwendet werden, für die eine spezifische und/oder sichere Therapie existiert. Auch bei Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose, Parasitosen oder Zuständen, die eines chirurgischen Eingriffes bedürfen, sind sie nicht indiziert

    Die Stärken homöopathischer Therapie sind nach Auffassung des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte vor allem im Bereich chronischer Erkrankungen anzusiedeln was ich als deutscher Arzt in Madrid nur bestätigen kann:

    • Hautkrankheiten einschließlich der Neurodermitis
    • rheumatische Erkrankungen
    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    • Asthma bronchiale
    • Migräne
    • chronische Leber- oder Nierenerkrankungen
    • psychosomatische Erkrankungen