• 18 JULI 13

    Grundlagen der Homöopathie

    Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, betrachtete Krankheit als ein Leiden an der „Lebenskraft“. Hahnemann hat mit diesem Verständnis an der Vitalismustheorie des späten 18. und fast gesamten 19. Jahrhunderts Anteil, in der die Lebenskraft ein zentraler Begriff war. Die Symptome einer Krankheit dienten Hahnemann als die äußeren Zeichen eines Leidens

    Schon im 19. Jahrhundert entwickelte sich aus der von Hahnemann gelehrten Homöopathie verschiedene methodische Schwerpunkte, von denen einer enge an der hahnemannschen Tradition blieb und seine Lehre konsequent weiter ausbaute. Andere entfernten sich davon mehr oder weniger weit, meist in der Absicht, die mühsame und zeitaufwendige Untersuchung des Patienten abzukürzen und die im Einzelfall komplizierte Mittelwahl zu vereinfachen. Daneben wurde auch versucht, die Homöopathie auf Grund theoretischer oder weltanschaulicher Überlegungen zu modifizieren oder an wissenschaftliche Konzepte der konventionellen Medizin anzupassen

    Symptome und Zeichen einer Erkrankung sind subjektiv und daher in hohem Maße individuell. Jeder Mensch empfindet sein Leid auf seine ganz eigene Weise. Das gerade nimmt die Homöopathie auf und betrachtet genau die einem einzelnen Patienten eigenen Zeichen. Durch ein nach der Ähnlichkeitsregel ausgewähltes Arzneimittel soll die Heilung angeregt werden

    In der Praxis können verschiedene Formen der Homöopathie unterschieden werden:

    1. Die klassische Homöopathie

    In der so genannten klassischen Homöopathie wird nach ausführlicher, auch biographischer Anamnese, körperlicher Untersuchung und Fallauswertung das für den Patienten am besten passende Mittel ausgewählt – eine „personotrope“ Mittelwahl. Dabei werden die individuellen Krankheitszeichen und Persönlichkeitsmerkmale nach einem ausführlichen Gespräch berücksichtigt, in dem jede Äußerung des Patienten wichtig ist. Das Arzneimittel nach dem Prinzip der Ähnlichkeit zu den dabei ermittelten Symptomen ausgesucht und in einer individuell angepassten Potenz verwendet. Das Mittel wird aus einer einzigen Grundsubstanz durch „Potenzieren“ hergestellt

    2. Die klinische oder naturwissenschaftlich-kritische Homöopathie

    Hier werden homöopathische Einzelmittel nach einer klinisch gestellten Diagnose einer Erkrankung oder nach der Ähnlichkeit der Symptome des individuellen Patienen gewählt. Wegen des Bezuges auf das erkrankte Organ oder die Funktion wird von einer „organotropen“ oder „funktiotropen“ Mittelwahl gesprochen. Es kann auch die Krankheitsursache berücksichtigt werden. Die so genannten Komplexmittel werden gleichfalls nach organbezogenen Symptomen ausgewählt, die der Erkrankung eigen. Sie dienen der Behandlung einer ganzen Gruppe von Symptomen dienen und werden aus mehreren Grundsubstanzen zusammengestellt.

    Weltweit hat sich die klassische Linie, die sich an den bewährten Konzepten Hahnemanns orientiert, als die erfolgreichste bestätigt. Ohne Zweifel hat sie den Nachteil, dass sie bei der Ausbildung und in der Praxis einen beträchtlichen Aufwand erfordert, aber nur sie schafft es selbst schwere chronische Erkrankungen zu heilen. Oft verlangt auch der Einzelfall ein umfangreiches Literaturstudium, wenn man die Möglichkeiten der Homöopathie wirklich ausschöpfen will. Es gibt auch Fälle, in denen man mit geringerem Aufwand zu einer korrekten Mittelwahl kommen kann und zwar um so eher, je erfahrener der Arzt ist und je mehr die Symptome und persönlichen Merkmale des Patienten offen zutage liegen; meistens ist jedoch ein gründliche und vollständige Untersuchung unverzichtbar.

    Die Homöopathie ist heute in Europa hauptsächlich im deutschen und französischen Sprachraum und in England verbreitet, außerhalb Europas in Lateinamerika, in regionalen Zentren der englischsprachigen Staaten und in Indien und Sri Lanka, wo sie wegen ihrer Erfolge bei großen Epidemien öffentlich gefördert und an den medizinischen Hochschulen gelehrt wird. Als deutscher Arzt in Madrid hat man Kontakt mit vielen verschiedenen Behandlungsmethoden innerhalb der Homöopathie.

    Wie Hahnemann selbst sagt, sind die Grundlagen der Homöopathie „Beobachten, Nachdenken und Erfahrung“, also klinische Beobachtungen und Erfahrungen ohne weltanschauliche und spekulative Elemente. Insofern ist die Homöopathie eine reine, ärztliche Wissenschaft. Auch in der modernen Medizin hat es sich gezeigt, dass bei aller theoretischer Vorarbeit die klinische Prüfung zur endgültigen Beurteilung einer Theorie unverzichtbar ist

    Am Anfang der Homöopathie gab es kein theoretisches Konzept, sondern einzige die ärztliche Beobachtung. Tatsächlich lag vor der ersten Formulierung des therapeutischen Konzepts eine jahrelange Phase klinischer Untersuchungen. Das heißt, die Homöopathie hat eine experimentelle Grundlage; die praktischen Techniken sind nichts weiter als die Umsetzung der experimentelle gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis. Konkret hat die Homöopathie drei wichtige Grundsätze:

    1. Die Ähnlichkeitsregel „Similia similibus curentur“ Experimentell hatte Hahnemann erkannt, dass jedes Arzneimittel genau die Beschwerden heilt, die es in ähnlicher Form auch erzeugen kann. Hahnemann wies nach, dass es sich bei dieser Ähnlichkeit zwischen verursachten und geheilten Beschwerden nicht um „Paradoxe“ Einzelfälle handelt, sondern um eine biologische Gesetzmäßigkeit, die allgemein gültig und therapeutisch nutzbar ist. Diese gesetzmäßige Ähnlichkeit ist das Wesentliche der Homöopathie.

    2. Die Arzneimittelprüfung an gesunden Menschen Um festzustellen, welche Beschwerden und Krankheiten ein Arzneimittel erzeugen und damit auch heilen kann, werden die homöopathischen Arzneimittel an gesunden Menschen unter Beobachtung eines erfahrenen homöopathischen Arztes geprüft. Zusammen mit toxikologischen und klinischen Beobachtungen werden die Ergebnisse der Arzneimittelprüfungen systematisch geordnet und veröffentlicht. So entstehen die sogenannten „Arzneimittelbilder“ als umfassende Beschreibung der Wirkung jedes einzelnen Arzneimittels.

    3. Die individuelle Mittelwahl Das homöopathisch passende Arzneimittel wird in jedem Krankheitsfall individuelle gewählt, das heißt, die Wahl wird von den „sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen (charakteristischen) Zeichen und Symptome des Krankheitsfalles“ (Organon 6. Auflage § 153) bestimmt.

    Für die Praxis bedeutet das zunächst die Notwendigkeit, eine sehr ausführliche Anamnese zu erheben. Auf spezifisch homöopathische Weise soll der Patient in aller Ruhe und sehr genau befragt werden. Hahnemann forderte, jeden Patienten als wissenschaftliches Problem anzusehen und alle Resultate und Maßnahmen detailliert aufzuzeichnen. In diesem Punkt, d.h. als Wegbereiter der Krankengeschichte, würdigen ihn tatsächlich auch seine Kritiker

    Bevor ein homöopathisch tätiger Arzt die Krankheitsphänomene im Einzelfall auswertet, bemüht er sich, die Natur der Störung zu begreifen. Nur auf diese Weise kann er die geschilderten „Symptome“ und beobachteten „Zeichen“ ordnen und werten (hierarchisieren), wie es für die „Arzneimittelfindung“ erforderlich ist.

    Um die geeignete Therapie individuell zu bestimmen, stehen dem Homöopathen z.B. zwei grundverschiedene Nachschlagewerke zur Verfügung. Er kann in einem „Repertorium“ (Symptomenverzeichnis) zu einem bestimmten Symptom das mögliche Arzneimittel und in einer „Arzneimittellehre“ (Materia Medica) Symptome und Zeichen in Frage kommender Arznei nachlesen. Nach der Simile-Regel müssen dann die Symptome des Patienten mit einem „Arzneimittelbild“ zur Deckung gebracht werden.